Ein Baum, zumal ein großkroniger, „erwachsener“, freistehender Baum, der sozusagen sein ganzes Potenzial ausschöpfen kann, ein Baum, der 20 Meter hoch ist und dessen Krone einen Durchmesser von 15 Meter hat, dieser Baum stellt uns mit seinen Blättern (oder Nadeln) eine aktive Oberfläche von 15.000 m² zur Verfügung. (Das entspricht der Fläche von zwei Fußballfeldern.) Die Blattfläche filtert pro Jahr bis zu 100 kg Feinstaub aus der Luft, verdunstet 100 l Wasser pro Tag, das kühlend wirkt, verarbeitet 2 kg CO2 pro Stunde zu Zucker (Stärke und Zellulose = Holz) und spendet nebenbei noch Sauerstoff für 10 – 20 Menschen.
Auf öffentlichem Grund sind Großbäume selten geworden, sie mussten Straßen, Parkplätzen, Gebäuden weichen, werden als potenziell gefährlich angesehen als Sicherheitsrisiko. Umso wichtiger sind jene Bäume, die in Gärten unbehelligt wachsen durften. Sie verbessern das Klima nicht unwesentlich und sind neben dem rein ästhetischen Aspekt auch ökologisch von Bedeutung. Denn gerade alte Bäume sind Lebensräume für viele Mitbewohner: Kleinsäuger, Vögel, Insekten, Pilze, Moose und Flechten leben von und auf ihnen.
Oft wird als Trostpflaster für die Fällung einer solchen „Baum-Persönlichkeit“ eine Neupflanzung angeboten. Mich hat interessiert, was die Wissenschaft zu der Wirksamkeit solcher Ersatzpflanzungen meint. Wie viele Jungbäume ersetzen (hinsichtlich der Fotosyntheseleistung, Kühlung, Filterung etc.) einen voll entwickelten Großbaum? Das Ergebnis ist ernüchternd: „400 Jungbäume sind ein alter Baum“, sagt Prof. Andreas Roloff, Forstwissenschafter an der Universität Dresden. „Dies macht aber umso deutlicher, wieviel mehr wir Altbäume in unserer Umgebung pflegen müssen und sie nicht leichtfertig fällen dürfen, um beispielsweise Baufreiheit zu schaffen.“
Angesichts dieser Tatsachen ist die Erhaltung des abgebildeten Baumbestandes in der Bahnhofstraße („Nothaft Villa“) ein Gebot der Stunde. Dort wachsen mehr als zehn prominente Bäume in einem Abstand, der ihnen erlaubt hat, ihre Kronen frei zu entwickeln. Dadurch stellt diese Anlage einen sehr wichtigen ökologischen Rückzugsort für die oben genannten Organismen dar – und ebenso bedeutend – einen Regenerationsort für Luftqualität, Kühlung und CO2-Bindung. (10 Bäume = Sauerstoff für mindestens 200 Menschen!)
Elisabeth Joas
Quellen:
Ein Baum ist mehr als ein Baum; Vester, Frederic; Kösel, 1986