Es wäre unerträglich für mich, nichts zu tun
Tamara Moser, freiwillige Helferin, geboren in der Westukraine lebt seit 1996 im Bezirk Vöcklabruck (seit 2002 in der Stadt) und unterrichtet an der HTL Leonding.
Du erlebst den Krieg in der Ukraine nicht nur über die Medien, sondern auch durch viele persönliche Erzählungen. Wie gehst du damit um?
Ja, ich telefoniere täglich mit meiner Familie und Bekannten, die noch in der Ukraine sind und dort bleiben werden und bin in Kontakt mit geflüchteten Menschen hier vor Ort. Freunde von mir aus Kyiv sind jetzt in Vöcklabruck, wofür ich sehr dankbar bin. Um mit meiner Trauer und Angst umzugehen, helfe ich, wo ich kann. Es wäre unerträglich für mich, nichts zu tun. Trotz meiner Sorge gibt es mir immer wieder ein Gefühl des Zusammenhaltes und den Glauben an das Gute im Menschen. Mir hilft auch zu beten und ich lese zurzeit gerne Psalmen, auch auf Ukrainisch. Ich habe das Glück, drei Sprachen zu sprechen, und kann daher Nachrichten lesen und vergleichen. Es ist schockierend zu erleben, was Propaganda und Falschinformationen anrichten.
Seit Ausbruch des Krieges hat sich dein Leben stark verändert, du bist im Dauereinsatz?
Ja, das stimmt, es ist ein Ausnahmezustand, den ich gerade erlebe. Ich sammle, sortiere, verpacke, beschrifte und kaufe Sachen wie Essen, Hygieneartikel, Medikamente usw. ein und fahre die Sachen mehrmals die Woche nach Pasching, wo ich die Möglichkeit habe, die Spenden gemeinsam mit Ukrainerinnen der griechisch-katholischen ukrainischen Gemeinde direkt in die Ukraine zu schicken. Ich helfe den Ukrainerinnen vor Ort mit Übersetzungen, Wohnungssuche, versorge sie mit Geld, Essen und Kleidung und tröste sie.
Was nimmst du gerade wahr?
Ich erlebe die große Unsicherheit bezüglich gesetzlicher Bestimmungen und teils widersprüchlicher Informationen. Viele wollen so schnell wie möglich Deutsch lernen und Geld verdienen, aber es dauert alles sehr lange. Manche fangen an, über einen längeren „Aufenthalt“ in Österreich nachzudenken, weil sie aus den Gebieten kommen, die total zerstört sind. Sie schwanken zwischen der Dankbarkeit, in Sicherheit zu sein, und der Verzweiflung, alles verloren zu haben. Andere können das Warten nicht ertragen, sie fahren wieder zurück in die Ukraine.
Petra Wimmer