Sechzehn Wochen hatte ich über den Sommer hinweg Zeit, das wunderschöne und extrem vielfältige Land Kenia im Osten Afrikas zu erkunden. Jeden Tag, den ich dort war, wurde mir mehr bewusst, wie groß dieses Land und der ganze Kontinent ist und wie wenig ich bis jetzt darüber wusste. Ich habe früher selber oft von “Afrika” gesprochen und damit “Armut”, “Hitze”, “Diktaturen”, “Wüste und unfruchtbare Flächen”, “viele wilde Tiere” und “Ungerechtigkeit” gemeint. Ich bin mir sicher, Sie können diese Liste auch noch ein wenig weiterführen. Durch meine Reisen, die ich während meines Praktikums machen konnte, hatte ich die Gelegenheit, einige unterschiedliche Teile Kenias zu sehen. Daher kann ich sagen, dass nicht einmal der Begriff “Kenia” viel Aussagekraft über Traditionen, Sprache, Vegetation, Klima, Lebensstandard und Wirtschaft gibt.
Die über 40 Stämme haben alle ihre eigene Sprache und so auch ihre eigene Tradition. Kiswahili ist die offizielle Landessprache, die zumindest in Nairobi auch die meisten Menschen sprechen. Es ist die Stammessprache des Stammes Swahili, der in der Küstenregion Kenias angesiedelt ist. Die Vegetation und auch das Klima sind ebenfalls sehr unterschiedlich. Es hängt ganz davon ab, wie nahe man dem Meer ist und auf wie vielen Höhenmetern man sich befindet. Unter anderem gibt es Steppen und Wüsten, den Victoriasee im Westen, die Küstenlandschaft mit wunderschönen Stränden im Osten und eine sehr fruchtbare Hochebene, auf der auch Nairobi liegt. Ganz viel Obst und Gemüse wächst hier in der Umgebung und viele Menschen leben da auch von der Landwirtschaft. Wegen der vielen Nationalparks und schönen Landschaften spielt der Tourismus wirtschaftlich in Kenia auch eine ganz wichtige Rolle. Es ist nicht zu verleugnen, dass die Armut in den “Villages”(Slums) sehr extrem ist. Der Reichtum ist aber meistens gleich in der Nachbarschaft sichtbar. Große Villen, Einkaufszentren, Golfplätze und private Parks grenzen an die armen Viertel. Da Nairobi neben Genf und Wien einer der Hauptsitze der UNO ist, ist im UNO-Viertel noch einmal eine ganz andere Dimension des Reichtums sichtbar. 2017 hat Kenia das strengste Plastiksackerlverbot der Welt eingeführt. Es drohen bis zu vier Jahre Gefängnis oder 35.000€ Strafe, wenn man auch nur ein Sackerl mit sich trägt. Herbeigeführt wurde die Entscheidung, weil das Plastik die Kanalsysteme verstopfte und vor allem in den Großstädten man nicht mehr wusste, wohin damit. Die Alternativen sind jetzt entweder Papiersackerl oder gewebte und robustere Kunststoffsackerl, die mehr aushalten.
Der Grund, warum ich so lange in Kenia bleiben durfte, war ein Praktikum für mein Studium, welches ich in der Organisation MPC-Mukuru Promotion Centre machte. Die Organisation wird unter anderem von der Dreikönigsaktion unterstützt und kümmert sich um die BewohnerInnen des Mukuru Slums, einen großen Slum im Süden Nairobis. Sie bietet Schulbildung für über 5000 Kinder an, betreibt eine Klinik, ein Skills Training Centre und ein Rehabilitationszentrum für Burschen, die davor auf der Straße lebten.
Während meines Praktikums durfte ich sehr viel lernen und bekam einen sehr guten Einblick in das Leben der Bevölkerung des Mukuru Slums. Ich half bei den alltäglichen Aufgaben im Büro mit, war bei Gesprächen und Hausbesuchen dabei. Es ist toll, wie vielseitig die Arbeit ist, die in dem Projekt geleistet wird. Dadurch, dass das Sozialsystem ganz anders aufgestellt ist als in Österreich, wird viel mehr von NGOs abgedeckt und diese sind auch meistens nicht nur in einem Bereich der Sozialarbeit tätig.
Viele dieser NGOs beziehen die Fördergelder aus sogenannten westlichen Ländern von deren Spendenorganisationen. Eines dieser Fördergelder für MPC kommt zum Beispiel aus Österreich von der Dreikönigsaktion (DKA). Zum einen sind die meisten Organisationen auf diese Gelder von den sogenannten westlichen Ländern angewiesen. Zum anderen entsteht aber auch oft eine Abhängigkeit, da die Förderer auch Forderungen stellen, wie das Geld verwendet werden soll. In Kenia habe ich aber auch die Möglichkeit gehabt, die andere Seite dieser Spendengelder kennenzulernen. Ich finde es spannend, kritisch zu hinterfragen, wie viele Anweisungen eigentlich angebracht sind oder wie selbstständig die Menschen arbeiten sollen. Keineswegs will ich jetzt irgendwelche Spendenaktionen und auf gar keinen Fall die DKA schlecht reden. Sie macht einen sehr wichtigen Job und ohne diesen wären viele der NGOs nicht finanzierbar. Die DKA wählt die geforderten Projekte sehr sorgfältig aus und durch die DKA sind mir diese ganzen Erfahrungen erst möglich geworden.
Abschließend kann ich Ihnen nur ans Herz legen, Kenia zu erkunden oder in irgendeiner Form die andere Seite der Spendengelder einmal selber kennen zu lernen.
Katharina Reisinger, Vöcklabruck – Gastbeitrag
Blog über von Katharina Reisinger über ihren Kenia Aufenthalt: http://kenia.all365.at/
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